Mohrenfalter (Genus: Erebia) als Indikatoren des Klima- und Landnutzungswandels in Südwest-Deutschland

 

Viele Schmetterlingsarten haben in ihren Beständen im Laufe des 20. Jahrhunderts durch Lebensraumverluste im Zuge der Intensivierung der Landwirtschaft und der Industrialisierung große Einbußen hinnehmen müssen. Durch die in der jüngeren Vergangenheit eingetretenen klimatischen Veränderungen ergeben sich für viele Tierarten einerseits neue Ausbreitungsmöglichkeiten andererseits jedoch auch neue Gefährdungspotentiale. Zahlreiche Studien belegen den großen Einfluss des Klimawandels auf verschiedene Tier- und Pflanzengruppen. Während einige Arten vom Klimawandel profitierten und ihr Areal aufgrund der Erwärmung nach Norden hin ausweiten konnten, besteht speziell für boreo-montane, an kühle Klimate angepasste Arten ein erhöhtes Extinktionsrisiko. Naturschutzmaßnahmen müssen deshalb zukünftig die Auswirkungen des Klimawandels mit berücksichtigen, da nur auf diese Weise ein erfolgreicher Biotop- und Artenschutz gewährleistet werden kann. Momentan besteht jedoch zu zahlreichen Arten noch erheblicher Forschungsbedarf bezüglich ihrer Lebensraumansprüche und Reaktionen auf den Klimawandel. Hier müssen die aktuellen Wissensdefizite deutlich gemindert werden, um Schutzziele und Strategien des Habitatmanagements an die veränderten klimatischen Rahmenbedingungen anpassen zu können.

Die an kalte und aride Gebiete angepasste Gattung der Mohrenfalter (Erebia ssp.) ist aufgrund ihrer Habitatpräferenzen durch die Klimaerwärmung besonders gefährdet. Als Indikatorarten für eine klimabedingte Gefährdung von Schmetterlingsarten können daher drei in Baden-Württemberg ehemals weit verbreitete Arten dieser Gattung, Erebia medusa, Erebia aethiops und Erebia ligea, dienen. Eine regressive Bestandsentwicklung aller drei Arten setzte vor allem in den wärmebegünstigten Regionen Baden-Württembergs vor einigen Jahrzehnten ein und lässt sich nicht allein durch Lebensraumverluste erklären, da geeignete Habitate noch in weiten Landstrichen in ausreichender Anzahl vorhanden sind. Deshalb wird ein klimatischer Einfluss auf den Rückgang dieser Arten vermutet. Um die genauen Ursachen für diese Arealveränderungen erkennen und einen weiteren Rückgang der mittlerweile auf der Roten Liste geführten Erebia-Arten verhindern zu können, sind detaillierte Kenntnisse der aktuellen Verbreitungssituation, ihrer Lebensraumansprüche und ihrer Reaktionen auf den Klimawandel vonnöten.

Im Rahmen des Dissertationsprojektes soll geklärt werden, ob der Klimawandel zu Veränderungen der Verbreitung der drei Erebia-Arten geführt hat und welche Ursachen den regressiven Bestandsentwicklungen zugrunde liegen. Zu diesem Zweck werden Erfassungen der Imagines und ihrer Habitate in einem verschiedene Naturräume umfassenden Transekt in Baden-Württemberg durchgeführt. Weiterhin soll durch Zuchtversuche der Einfluss winterlicher Temperaturen auf die Präimaginalstadien experimentell geklärt werden. Durch Analysen ausgewählter Habitatparameter sollen die Lebensraumansprüche der Erebia-Arten herausgearbeitet und durch Untersuchungen der räumlichen Verteilung der Falterpopulationen überprüft werden, ob diese Metapopulationsstrukturen ausbilden. Außerdem soll der Einfluss aktueller Landnutzungsformen wie Hochwaldwirtschaft oder intensive Beweidung von Magerrasen auf die Bestandssituation der Mohrenfalter geklärt werden.

Die aus der Dissertation gewonnenen Erkenntnisse sollen in der Folge dazu beitragen, adäquate Arten- und Biotopschutzmaßnahmen für Erebia-Arten und andere durch den Klimawandel gefährdete boreal-montan und kontinental verbreitete Arten entwickeln und umsetzen zu können.

 

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